Kazerne Dossin und Mechelen – die zwei Gesichter einer belgischen Stadt

PM-Ersteller

Ausstellung „Homosexuelle und Lesben im Nazi Europa“ in Gedächtnisstätte, Museum und Fortschungszentrum für Holocaust und Menschenrechte KAZERNE DOSSIN (von Christian Bauer)

BildDie wunderschönen Fassaden des gemütlichen belgischen Städtchens Mechelen existierten auch zur Zeit der Nationalsozialisten und waren Zeugen eines Dreh- und Angelpunktes der Deportation von Juden, Roma und unbeliebten Zeitgenossen in NS – Konzentrationslager.

Die Kazerne Dossin erinnert nicht nur an diese Verbrechen der Nazi-Herrschaft, sondern hält auch die Erinnerung an Tote und Überlebende wach, ein Zeichen für alle, nicht zu vergessen, sondern den Geist zu schärfen, wachsam zu sein, auch um aufstrebenden Nationalismus, Minderheitenfeindlichkeit und einem damit verbundenem Fremdenhass die rote Karte entgegen zu halten.

Im Dokumentationzentrum wird jetzt die Ausstellung „Homosexuelle und Lesben im Nazi Europa“ noch bis zum 10.12.2023 gezeigt.

Das Schicksal von Schwulen und Lesben während des Zweiten Weltkriegs blieb lange Zeit unerkannt, die Öffentlichkeit war sich dessen weitgehend nicht bewusst. Die Ausstellung in der Kazerne Dossin widmet sich ihrer Situation:

„Erst in den letzten Jahrzehnten wurden führende historische Forschungen zu diesem Thema veröffentlicht, die es uns ermöglichen, mehr darüber zu erfahren.
Die Ausstellung, die sich auf Dokumente stützt, von denen viele in Belgien noch nie gezeigt wurden, ordnet die Verfolgung homosexueller Frauen und Männer unter dem Naziregime in einen breiteren geografischen Rahmen ein. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Belgien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet,“ so der Direktor des Hauses Tomas Baum.

Beginnend mit der Hoffnung auf Emanzipation in den zwanziger Jahren, der Bedeutung von Homophobie und einem Blick auf Magnus Hirschfeld, setzt sich die Dokumentation mit Homosexualität und Nazismus auseinander.

Es folgen Beispiele von Deportation homosexueller Menschen und im Weiteren das Aufzeigen der Bedeutung und Gewichtung des Rosa Winkels (Dreiecks) in den Lagern.

Homosexuelle Frauen und Männer erlitten unterschiedliche Schicksale. Einige gingen ins Exil, andere führten ein Doppelleben. In Deutschland z.B. wurden von den 100.000 Homosexuellen, die von den Behörden identifiziert worden waren, etwa 50.000 verurteilt: Zwischen 5.000 und 15.000 wurden in Konzentrationslager gesteckt, wo die meisten von ihnen starben, wobei ihr Schicksal je nach dem Lager und dem Zeitpunkt ihrer Inhaftierung sehr unterschiedlich war. Lesben hingegen blieben außerhalb des Geltungsbereichs des Gesetzes, außer in bestimmten Gebieten wie Österreich. Einige wurden deportiert, nachdem sie als „asozial“ oder „kommunistisch“ eingestuft worden waren.

Die Ausstellung gibt einen Rückblick auf die frühen Homosexuellenbewegungen vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er Jahre und vertieft die Verfolgung von Homosexuellen vor allem unter dem Naziregime in einem europäischen Kontext.

Es wird der Reichtum der schwul-lesbischen Subkulturen des frühen 20. Jahrhunderts aufgezeigt sowie das Ausmaß der nationalsozialistischen Verfolgung. Man stellt sich der Herausforderung, dieses Stück Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren. Es wird u.A. auf Magnus Hirschfeld, Erika und Klaus Mann, Eva Kotchever, Martha Geiringer und Yvonne Fontaine, Frieda Belifante, sowie auf Reden von Heinrich Himmler, Verurteilungen in Deutschland basierend auf Paragrafen 175 und 175a fokussiert, endend mit einem Blick auf ignorierte Zeugenaussagen auf dem langen Weg weiter gehender Repressionen bis hin zur offiziellen Anerkennung.

„Der wissenschaftlichen Ansatz ist von Bedeutung, wenn es gilt, die Unwahrheiten (fake news) zu bekämpfen, die noch im Umlauf sind und ständig neu entstehen“, so Tomas Baum weiter.

Abschließend wird ein Überblick über die Unterdrückung in anderen Ländern gegeben, Fragen der Erinnerung und der Anerkennung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und in der jüngeren Vergangenheit werden behandelt.

Die Ausstellung wurde vom Mémorial de la Shoah (Holocaust-Museum in Paris, Frankreich) unter der wissenschaftlichen Leitung von Florence Tamagne konzipiert und entwickelt. Sie wurde erstmals 2021 in Paris präsentiert. Die Inhalte, die sich auf Belgien und die Niederlande beziehen, wurden von Kazerne Dossin erarbeitet und hinzugefügt.

Öffnungzeiten bis 10.12.2023 – Mo-So, 9-17Uhr
Kazerne Dossin – Goswin de Stassartstraat 151 – B-2800 Mechelen
www.kazernedossin.eu

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