Stefan Kühn: Das Rentensysteme der Länder stehen vor großen systemischen Herausforderungen.

PM-Ersteller

Rechtzeitig vor den Bundestagswahlen haben Experten des Ministeriums von Peter Altmeier eine Reform zur Rente mit 68 Jahren vorgeschlagen. Ein Thema mit hohem politischem Sprengstoff!

BildBetroffen wären damit alle Arbeitnehmer, die heute 47 Jahre oder jünger sind.

„Wie man es auch dreht und wendet, die Rentensysteme der entwickelten Länder stehen vor großen systemischen Herausforderungen! Die Ursachen sind überall gleich: zu wenigen Beitragszahlern stehen zu viele Bezüger gegenüber!“ argumentiert Stefan Kühn. Es sind mehrere demographische Faktoren, die das Problem verursachen:

Die Geburtenrate hat sich seit Beginn der 1950er Jahre halbiert! Das sind die Effekte der Einführung der Antibabypille und dem daraus resultierenden Pillenknick!

Zu den klaffenden Löchern in den Haushalten nach der Coronakrise kommen nun noch die steigenden Rentenzahlungen an die Baby-Boomer (das sind die Jahrgänge 1945 bis 1964) hinzu, von denen in den nächsten Jahren immer mehr in Pension gehen werden.

Das hat dramatische Konsequenzen: zu Beginn der 1950er kamen auf einen Rentner noch sechs Arbeitnehmer, sprich Beitragszahler. Im Jahr 2040 aber werden weniger als zwei Arbeitnehmer einen Rentner finanzieren!
„Das heißt, es gibt 3 Szenarien: die Rentenbeiträge müssen steigen, die Renten sinken oder das Renteneintrittsalter steigen (möglich sind natürlich auch Kombinationen davon)!“ so Kühn.

Haben Sie sich schon mal gefragt, woher die lange gültige Zahl Rentenalter 65′ kommt? Der Erfinder dieser Zahl war Reichskanzler Bismarck!

Die industrielle Revolution hatte nämlich die deutsche Gesellschaft im 19. Jahrhundert gespalten. Die Arbeiterschaft wurde vom bürgerlichen Unternehmertum mit niedrigen Löhnen ausgebeutet und lebte in ärmlichen Verhältnissen. Es entwickelte sich eine öffentliche Debatte um die Soziale Frage. Arbeiter schlossen sich als Reaktion darauf in Vereinen zusammen und wollten ihre sozialen Forderungen politisch durchsetzen. 1875 entstand mit der Sozialistischen Arbeiterpartei eine erste große Massenpartei des Proletariats. Nach der Gründung des deutschen Kaiserreichs 1871 erhielt diese Bewegung immer mehr Zulauf. Reichskanzler Otto von Bismarck war ein streng konservativer Politiker und versuchte die Arbeiterbewegung mit allen Mitteln zu unterdrücken.

Da die Arbeiterbewegung inzwischen zu einer bedeutenden politischen Größe angewachsen war, übernahm Bismarck die Forderungen der Arbeiter. Er wollte deren politischen Aktivitäten einerseits unterdrücken, andererseits aber auch staatliche Sozialgesetze einführen, um sie möglichst im Zaum zu halten. Diese Politik wurde auch als „Zuckerbrot und Peitsche“ bezeichnet. Dazu sah er sich insbesondere nach den Reichstagswahlen 1881 gezwungen, als die konservativen Parteien starke Verluste hinnehmen mussten. Zum ersten Programmpunkt seiner Sozialgesetzgebung zählte die 1883 eingeführte Krankenversicherung. Ein Jahr später folgte die Unfallversicherung. 1889 wurde auf Beschluss des Reichstags auch die Invaliditäts- und Altersversicherung verabschiedet. 1891 kam schließlich noch die Rentenversicherung dazu. Diese Maßnahmen führte Bismarck gegen den Widerstand des liberalen Unternehmertums durch, weil diese dadurch die freie Wirtschaft gefährdet sahen und finanzielle Verluste befürchteten. Mit der Sozialgesetzgebung schuf Bismarck die Grundlage für die Entwicklung des Wohlfahrts- und Sozialstaates. Dabei wurde das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre festgesetzt. Das war für den Staat allerdings kein großes Opfer, lag in diesen Jahren die durchschnittliche Lebenserwartung bei ca. 63 Jahren! Bezogen auf die heutige Lebenserwartung, würde das bedeutet, dass das Renteneintrittsalter bei ca. 80 Jahren liegen müsste! … dies soll natürlich nur der Verdeutlichung des Zusammenhanges von Lebenserwartung und Renteneintrittsalter dienen! „Der Umkehrschluss ist: Das Renteneintrittsalter kann langfristig nicht von der Entwicklung der Lebenserwartung abgekoppelt werden! fasst Stefan Kühn zusammen.

Dies betonen auch die Experten des Ministeriums von Peter Altmaier (CDU). „Stattdessen müssen die zusätzlichen Lebensjahre nach einer klaren Regel zwischen mehr arbeiten und länger Rente beziehen aufgeteilt werden.“ Dafür solle es eine „dynamische Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung“ geben.

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Stefan Kühn ist Ökonom; er befasst sich seit einigen Jahren mit den volkswirtschaftlichen Veränderungen und der Interdependenz der Märkte sowie der politischen Einflussnahme in Bezug auf Unternehmen, Gesellschaft und den Geldmarkt. Er vertritt die These, dass es sich bei makroökonomischen keynesianischen und neu-keynesianischen Modellen meistens um vollständig interdependente ökonomische Systeme handelt, die nicht rekursiv, sondern nur simultan gelöst werden können. Dabei betrachtet er nicht allein rein wissenschaftliche Methoden, sondern bezieht seine Erkenntnisse aus seiner langjährigen Tätigkeit als Unternehmer und Consultant des Managements überwiegend börsennotierter Unternehmen.

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